Hühner unter einem Baum im Schatten

Eier von eigenen, glücklichen Hühnern


folgende Geschichte durfte ich jüngst zur Kenntnis nehmen:
Auf dem Wochenmarkt steht immer eine Frau, die Eier verkauft. Ihre eigenen. Also die ihrer Hühner.
Die drapiert sie sehr ansprechend auf Strohballen, die Kunden dürfen sich die Eier selber einzeln aussuchen.
Dazu hat sie Bilder von ihren eigenen glücklichen Hühnern an ihrem Marktschirm hängen
und erzählt ihren Kunden auch jede Menge netter Geschichten von eben diesen Hühnern.
Tatsächlich hält sie auch ein paar Legehennen. Die Eier verkauft sie zu 35 Cent.
In Wirklichkeit kauft die Dame den Löwenanteil ihrer Ware von einer Legebatterie,
zu 13 oder 14 Cent das Stück. Dort kann man offensichtlich Ware ohne Rechnung und ohne Stempel erhalten.
Wer mir die Story erzählt hat? Einer, der es selber so ähnlich macht.
Es ist ein guter Bekannter, der mir das "im Vertrauen" erzählt hat, als ich bei ihm Eier kaufen wollte.
Er wollte mich wohl nicht betrügen, vermute ich zu seiner Entlastung.
Dieser Bekannte hält 70 Hühner. Das Futter für diese 70 Hühner beschafft er sich,
indem er allabends Discounter und die angeschlossene Gastronomie abklappert und
deren Essensreste und Aussortiertes einsammelt. Davon wird übrigens auch seine Familie satt.
Die Anzahl der Eier, die er verkauft, indem er durch die Straßen fährt, beträgt ein Vielfaches dessen,
was seine eigenen Hühner legen.
Die beiden Eierhändler begegnen sich gelegentlich als Einkäufer bei besagter Legebatterie.
Im übrigen würden dort die Stempel bei dieser Legebatterie nicht am Legetag,
sondern am Verkaufstag auf die Eier gepinnt. Sagte er.
Ich war ziemlich platt, als er mir das erzählte.

Da ich das nicht so ohne Weiteres glauben mochte, stellte ich dies in ein Hühner-Forum ein.

Hier einige der Antwortpostings:
1.: "Das scheint sehr verbreitet zu sein, ich kenne auch zwei ähnliche Fälle."

2.: "Vor etlichen Jahren gab es hier in der Nähe auch so einen Fall. Der Bauer hatte auf seinem Hof demonstrativ etliche Hühner im Freien rumlaufen, aber es stellte sich irgendwann heraus, daß die von ihm als Freilandeier verkauften Eier aus seiner Legebatterie, von der davor keiner was wußte, stammten. Das war allerdings noch vor der Stempelpflicht."

3.: "Ja, kenn ich auch. Der Bauer, bei dem meine Schwiegermutter die Eier kaufte, konnte so viele Freilauf-Eier, wie er verkaufte, gar nicht mit seinen eigenen paar Hühnern produzieren. Meinem Mann hat er (im Vertrauen) mal gestanden, dass er bei der Legebatterie zukauft. Man wird doch überall beschissen, wenn man nicht aufpasst. Ein Grund mehr, wann immer man kann, sich selber zu versorgen. "

4.: "Das war doch mal ganz groß im TV. Die haben die Eier mit Licht bestrahlt und ein Teil der als Freilandeier deklarierten stammte aus der Batterie. Auch ohne Stempel sieht man die Abrollstreifen der Batterieeier. So schwer ist es doch eigentlich nicht, viele Freilandhuhneier zu produzieren, es macht halt mehr Arbeit.
Aber bei einem Preis von 35 Cent/Stück kann man das auch erwarten."
Quelle: Hühnerforum

Aber Batterie-, Freiland-, Fünfkorn-, Bodenhaltungs- oder Bio-Eier hin oder her,
(und vorausgesetzt, dass man bezüglich der Deklaration nicht betrogen wird),
hier noch ein paar Gedanken zum Thema.
1. Ein Huhn, ebenso wie alle anderen Vögel auch, legt Eier, um sich zu vermehren. Unter natürlichen Umständen sind das vielleicht ein oder zwei Gelege pro Jahr mit, sagen wir, je 10 - 15 Eiern.
Hühnern von heute hat man angezüchtet, dass sie ein Vielfaches dessen an Eiern legen.
Eier legen ist aber für das Tier mühsam und schmerzhaft, wie etwas weiter unten noch erläutert werden wird.

2. Die weitaus meisten Freilandhühner müssen auf viel zu kleiner Fläche leben. Das kann man daran erkennen, dass im Auslauf praktisch nichts mehr Grünes ist und dass die Tiere oft Federlücken im Nackenbereich haben, weil sie stressbedingt (kein ausreichend großes Revier) gegenseitig auf einander einhacken.

3. Ich kenne eine Reihe von Vegetariern, die lehnen Fleisch entrüstet ab, weil für sie kein Tier sterben muss.
Löblich, das kann ich sehr gut akzeptieren und habe – als Nichtvegetarierin - Respekt vor dieser Ansicht.
Aber die Meinung halte ich eben dann für überdenkenswert, wenn diese Vegetarier Eier, Butter und Käse essen oder Milch trinken. Daher an dieser Stelle mal eine Argumentation, die man in öffentlichen Medien kaum zu hören bekommt und die im persönlichen Gespräch immer wieder für Nachdenken gesorgt hat. Ein Huhn, das zur Eierproduktion gehalten wird, erlebt sein natürliches Alter in aller Regel nicht. Gleichgültig ob es sich um ein Käfig- oder um ein Freilandhuhn handelt. Ein Huhn legt vielleicht zwei oder drei Jahre lang Eier und dann wird es getötet. Jedenfalls kenne ich keinen einzigen Bauern, der seinen Hühnern nach der Eierlegephase das Gnadenbrot bis zu ihrem natürlichen Ende nach 12 - 20 Jahren gewährt. Überhaupt: Haben Sie schon mal ein Huhn ein Ei legen sehen? Eine halbe bis eine Stunde bevor es soweit ist, sucht es sich einen ruhigen Platz, vermutlich deshalb, weil die Kontraktionen der Eileiter schmerzhaft sind. Dann presst es das noch nassglänzende Ei heraus und stolziert danach erleichtert und oft laut gackernd von dannen. Insgesamt wirkt das Eierlegen auf mich immer wie eine ziemlich mühsame Angelegenheit. Und das Ganze Tag für Tag, in Hühnerbatterien u.U. sogar zweimal pro Tag. Wenn keine Eier mehr zu erwarten sind oder zu wenige, um einen rentablen Betrieb aufrecht zu erhalten... na, was passiert wohl mit dem Huhn? ...
Ein Masthähnchen, nur mal so zum Vergleich, hat es nach sechs bis acht Wochen hinter sich.

Ähnlich ist das bei Kühen. Um Milch (u.a. für Butter und Käse) zu geben, müssen die praktisch ständig trächtig sein und einmal pro Jahr kalben. Sechs Wochen vor dem erwarteten Geburtstermin kriegt die Kuh eine Spritze ins Euter, damit der Milchfluss versiegt und sich die Milchdrüsen erholen und regenerieren können.
Wenn Sie Kinder haben oder mal bei einer Geburt zugegen waren, dann werden Sie wissen, wie weh das tut. Einer Kuh genau so wie einer Menschin.
Hochleistungskühe müssen das drei- bis sieben mal im Leben ertragen,
dann werden sie mangels weiterer Rentabilität geschlachtet.
Kühe kleiner, familiärer Bauernbetriebe müssen das so lange mitmachen, wie sie empfängnisbereit sind,
das sind etwa 7 – 12 Jahre lang, mit einer Geburt pro Jahr.
Dann hat auch diese Kuh es hinter sich, denn auch sie kriegt vermutlich kein Gnadenbrot
bis zu ihrem natürlichen Ableben im Alter von über 20 Jahren.
Vielmehr wird sie am Ende ihrer fertilen Phase zu einem geringen Preis an einen Verwerter verkauft.
Ein Mastbulle darf hingegen mit 10 bis 18 Monaten abtreten,
natürlicherweise ohne die Mühsal von Geburten aushalten zu müssen.
Nun raten Sie mal, wer von beiden weniger leiden muss. ....
Will sagen, wenn Sie Lactovegetarier sind, dann muss das Tier eben doch für Sie sterben.

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